Frankreich: Kumpel gewinnen Prozess gegen Minenbetreiber

Nach drei Jahren erhalten 786 Kumpel Entschädigungen vom ehemaligen Bergbaubetreiber Charbonnages de France (CdF). 834 Bergleute aus Lothringen klagten, weil sie durch ihren Einsatz in der Mine gesundheitliche Spätfolgen befürchteten. Sie waren gesundheitsschädigenden Stäuben und Formalin ausgesetzt. Das Forbacher Arbeitsgericht entschied, dass 786 frühere Bergleute nun eine Entschädigung erhalten. Das Gericht befand basierend auf einem unabhängigen Gutachten, dass „CdF seiner Pflicht zur Gewährleistung der Sicherheit nicht nachgekommen ist, indem die Bergleute bei ihrer Arbeit mindestens zwei gefährlichen Produkten ausgesetzt waren".

Von den Rechtsanwälten der Kläger wurden Gutachten vorgelegt, die bewiesen, dass das Risiko einer Berufskrankheit bei Bergarbeitern 43 Mal höher ist als bei anderen Berufsgruppen. Bei dem Prozess ging es nicht um tatsächlich eingetretende Gesundheitsschäden. Deshalb durften sich an der Sammelklage nur Kumpel beteiligen, die bis zum Prozessauftakt im Juni 2013 nachweislich unter keiner Berufskrankheit litten. Die Entschädigung wollten sie für einen im französischen Recht anerkannten immateriellen Schaden, den „préjudice d'anxiété", die Angst vor einer drohenden Erkrankung. Das Gericht befand, dass durch die Vorsorgepflichtverletzung des Minenbetreibers ein solcher immaterieller Schaden gegeben sei, weil dadurch die Lebensqualität der Kumpel eingeschränkt sei, die nun „in einer ständigen Sorge vor dem Ausbruch einer Krankheit leben, die durch den Kontakt mit gefährlichen Stoffen ausgelöst wird". In den vergangenen drei Jahren sind 20 ehemalige Kumpel an den Folgen ihrer Berufskrankheit gestorben. François Dosso von der Gewerkschaft CFDT ist es ein „erster Sieg" der Bergleute. „Dennoch entspricht die Höhe der Entschädigung nicht den Ansprüchen der ehemaligen Angestellten und unserer Gewerkschaft." Die CdF wurde verurteilt, jedem der 786 Betroffenen 1000 Euro zu zahlen. René Guldner hat 30 Jahre seines Lebens als Bergmann für den Steinkohle-Konzern Charbonnages de France gearbeitet. Guldner sagt, dass er und seine Arbeitskollegen nicht ausreichend über die Gesundheitsrisiken ihrer Arbeit aufgeklärt wurden. Guldner war Anfang Februar 2015 einer der ersten von insgesamt bis zu 860 ehemaligen Bergleuten aus dem lothringischen Kohlebecken, die nach und nach in einem Prozess vor dem Forbacher Arbeitsgericht angehört werden. „Jahrelang hat man uns verschwiegen, dass wir krebserregende Produkte verwendet haben", schimpft Guldner. Mindestens sechs seiner ehemaligen Kollegen seien an Krebs gestorben. Wegen seines eigenen Hautkrebses im Anfangsstadium sei auch er in Behandlung. Sein Chirurg habe ihn mit dem Satz begrüßt: „Sie haben im Bergwerk gearbeitet." Die Kumpel waren jahrelang täglich zahlreichen krebserregenden Stoffen ausgesetzt gewesen, insbesondere Asbest, Kieselsäure und anderen Substanzen, die unter anderem in bei der Arbeit verwendeten Ölen, Brennstoffen und Teeren enthalten gewesen sein sollen. Die Sammelklage fordert, für jeden der 860 klagenden Bergleute eine Entschädigung von 30 000 Euro zu zahlen.